EZG- Tagung Zürich vom 29.5.-1.6.2007

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Auch in diesem Jahr wurde unsere Zoo-Grün-Tagung des ersten Halbjahres mit der europäischen Tagung gekoppelt. Zürich war der Tagungsort und unser Mitglied Martin Bauert der verantwortliche Organisator des Züricher Zoos.
Thematisch ging es dieses Mal um Erde, Wasser und Nährstoffe in Zooanlagen, ein Thema, das uns alle ja täglich mit mehr oder weniger Problemen umgibt.
Schön, dass es 6 unserer Mitglieder einrichten konnten, an der Tagung teilzunehmen, immerhin sind wir die älteste ZooGrün-Gruppe und werden als starke deutsche Gruppe bezeichnet“.

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Während des ersten Teils der Tagung wurden neue Anlagen vorgestellt, wie die Masoala- Halle in Zürich und die neuen Anlagen des Leipziger Zoos.
Dr. Alex Rübl, der Züricher Zoodirektor, erläuterte das Anliegen , das mit dem Bau der Masoala-Halle verfolgt wurde, nämlich eine direkte Verbindung zu einem Naturschutzprojekt auf Madagaskar herzustellen. Nur 4 Prozent der ursprünglichen Regenwälder Madagaskars sind noch vollständig intakt! Die grössten zusammenhängenden Wälder gedeihen heute nur noch in Masoala, einer Halbinsel Madagaskars.
Mit dem Züricher Masoala-Regenwald will man den schon in der
Welt- Naturschutzstrategie zitierten Satz umsetzen :
„Letztlich werden wir nur erhalten, was wir lieben. Wir lieben nur, was wir kennen. Wir kennen aber nur, was wir selber gesehen haben“.
(Baba Dioum, Senegalesischer Poet)

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Die Halle zeigt die natürlichen Zusammenhänge von Tier- und Pflanzenleben ausserhalb des Ursprungsgebietes und die Besucher bekommen die Gelegenheit, den Lebensraum einer einzigartigen Tier-und Pflanzenwelt zu erleben.
Dieses Erlebnis soll die Besucher für die Schätze und Wunder der Tier-und Pflanzenwelt begeistern und angeregen, selbst einen direkten Beitrag zum Naturschutz zu leisten.
Der Züricher Zoo unterstützt mit jährlich 100 000 SF aus den Einnahmen der Halle den Masoala Nationalpark auf Madagaskar.

Wie hautnah der Regenwald in der Masoala-Halle ist, davon konnten wir uns während der Tagung mehrfach überzeugen.

Der Leipziger Architekt Herr Rasem Baban erläuterte den Bau der Afika-Savanne, die inzwischen seit 3 Jahren als grüne Huftieranlage ohne Komplikationen funktioniert. Wir kennen diese Anlage ja von unserem Treffen vor 2 Jahren in Leipzig und ich glaube, wir waren alle ähnlich begeistert. Die Leipziger probierten vor dem endgültigen Bau die richtige Zusammensetzung des Bodens auf Testfeldern aus und ich denke, bei Fragen, den Bodenaufbau in Huftieranlagen betreffend, kann man die Leipziger getrost um Rat fragen.
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Neben dem Thema Bodenaufbau wurde aber auch eine neue Filtermöglichkeit für Wasser vorgestellt, in Leipzig findet sie im Pinguinbecken und im Ententeich Anwendung. Es handelt sich um ein Zeolith-Filter aus natürlichem Vulkangestein, das zusätzlich mit Mikroorganismen beimpft wird. Dieses System wurde auch für zivile Kläranlagen getestet. Das Ergebnis ist klares Wasser ohne Geruch.
Die Wasserreinhaltung ohne ständig steigende Kosten ist wohl in allen Zoos ein „Dauerbrenner“ und daher für alle von großem Interesse.

Prof. Balder von der Technischen Hochschule Berlin, der sich bereits auf der Berliner Tagung vorstellte, berichtete über Forschungen, die seine Studenten in Zusammenarbeit mit dem Berliner Zoo betreiben. Dabei geht es um Kontamination von Gehegeböden (die von der jeweiligen Tierart abhängt) und die daraus resultierenden Wachstumsbedingungen für Pflanzen.

Ein weiterer sehr interessanter Vortrag wurde von Herrn Michael Weinert der Firma Ökohum gehalten. Auch dieser Kollege ist uns ZooGrün-Mitgliedern lange bekannt. Er berichtete über die Wichtigkeit des Bodenaufbaus/Substrats insbesondere auch bei Innengehegen . Nur wenn die Bodenstruktur dort stimmt, kann bei der starken Beanspruchung auf lange Sicht ein grünes Gehege mit gesunden Pflanzen erreicht werden. Die Referenzliste im deutschsprachigen Raum zeigte, dass etliche Zoos sich zumindest bei Neubauten inzwischen fachliche Hilfe bei seiner Spezialfirma holten und dann auch entsprechende Erfolge zu verzeichnen haben.

Am Nachmittag und Abend gab es dann Führungen durch den Zoo und die Masoala-Halle .
Dabei waren die sehr naturnah gestalteten neuen Anlagen für die meisten von besonderem Interesse wie die Schneeleoparden-, die Tiger- und die Wolfsanlage. Ganz neu : die Anlage für asiatische Löwen, das alte Haus wurde umgebaut und es gibt eine neue Außenanlage.
Aber auch das Biotop für Wasservögel und die Brillenbärenanlage faszinieren immer wieder. Beeindruckt waren viele auch von den anscheinend etwas lockereren Sicherheitsbestimmungen, die uns in Deutschland doch ziemlich knebeln. Besucherstege am Teich ohne Absperrung, sehr niedrige Absperrungen mit Pflanzung zum Brillenbärengehege oder Stolperzäune mit Abpflanzungen vor tiefen Trockengräben, was gestalterisch alles ohne Zweifel sehr vorteilhaft ist, ließen bei den für diese Dinge in ihrem Zoo verantwortlichen deutschen Kollegen ununterbrochen den Gedanken an Besucherbeschwerden und Versicherungsfälle aufkommen.
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Nach einem perfekt ausgestalteten Gala Dinner im Restaurant Masoala endete dieser erste mit Informationen gespickte Tag.

Auch der zweite Konferenztag begann pünktlich um 9.00 Uhr.
Direktor Weber aus dem Tierpark Goldau erläuterte uns , wie er in seiner Einrichtung mit der Plocher-Methode das Wasser in Bärengraben und Ententeich rein hält. Auch gegen unangehme Gerüche wie bei den Wildschweinen hilft das Streuen geringer Mengen eines Pulvers.
Wissenschaftliche Begründungen gibt es nicht für das Funktionieren, aber auch in Dortmund hat man gute Erfahrung mit der Plocher-Methode gemacht.
Wir konnten uns später bei der Exkursion nach Goldau selbst von den Ergebnissen überzeugen.

Neil Woodward von der Stiftung für Wassergeflügel und Feuchtgebiete berichtete danach über seine Erfahrungen mit Abwasserreinigung durch Sumpfbeete. Viele Zoos nutzen bereits Sumpfbeete, um ihr Abwasser zu reinigen, aber funktioniert das wirklich ? Seit 20 Jahren bauen, betreiben und pflegen sie im WWT bereits Sumpfbeete. Eine konstante Kontrolle hat eine Menge von Daten ergeben, deren Auswertung erstaunliche Rückschlüsse brachten.
Die Gestaltung, die Artenzusammensetzung, das Anlegen und die Pflege sind insgesamt wichtige Faktoren für den Erfolg von Natur-Filter-Systemen.
Es gibt keinen Zweifel, dass diese Systeme gleichzeitig hervorragende Feucht-Habitate bilden, aber die Balance zwischen Arterhalt und der Pflege so eines Systems ist schwierig.
Eine ganz regelmäßige Kontrolle und spezielle Pflegepläne sind die Grundlage, für eine Minimierung der Konflikte der verschiedenen Funktionen eines natürlichen Filtersystems.

Ein weiteres sehr spezielles Thema wurde von Jean-Michel Hatt vorgetragen:
Die mikrobiologische Überwachung und Überlegungen zur biologischen Sicherheit in der Masoala-Halle.
Risiken in solchen Häusern sind z.B. die Legionärskrankheit, Zoonosen, meldepflichtige Tierkrankheiten und andere Krankheiten.
Die Masoala-Halle verfügt über spezielle Filtersysteme für Wasser und Luft, die effektiv arbeiteten. Nach der Reinigung gab es keine Legionellen. Das Wachstum anderer Bakterien in den Regenwassertanks wurde durch eine Reinigung mit Korsolin unterbunden.
Auch diese Dinge müssen bedacht und finanziell eingeplant werden, wenn man neue große Tierhäuser baut.

Am Nachmittag waren Exkursionen in 2 Tiergärten in der Nähe eingeplant:
nach Langenberg bei Zürich und nach Goldau.
Langenberg ist ein sehr großzügig angelegter Wildpark mit riesigen Freianlagen für z.T. heimische Tiere. Nebenwirkung solcher großen artgerechten Gehege sind dann oft, dass keine Tiere zu sehen sind, was uns auch der Tierparkdirektor als ständigen Kritikpunkt der Besucher bestätigte. Trotzdem bekamen wir einiges zu sehen wie Wildschweine, Wölfe, Wildkatzen und Luchse.
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In Goldau erwartete uns der Direktor Herr Weber, um uns mit der Geschichte seines Tierparks vertraut zu machen, aber vor allem, um uns vom Funktionieren des Plocher-Systems vor Ort zu überzeugen.
Der Tierpark Goldau wurde in einem Bereich angelegt, in dem es vor ca. 100 Jahren einen großen Erdrutsch gegeben hatte, der den Ort z.T. unter sich begrub. Der Park ist in einer traumhaften Naturlandschaft gelegen und auch die Gehege wurden vorrangig von der Natur gestaltet. Einige der Tiere dürfen frei herumlaufen und der Tierpark ist berühmt für seine Gänsegeiernachzuchten, die dann ausgewildert werden. Auch der Berliner Zoo hat einen Gänsegeier aus Goldau, er ist unten im Bild zu sehen.

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Am Abend dieses Tages traf sich eine neu gebildete Gruppe innerhalb der EZG. Sie nennt sich „Plant conservation groupe“ und das Ziel besteht darin, den Artenschutz für Tiere und Pflanzen in Zoos miteinander zu verbinden.
Eddie Mole aus dem Zoo Bristol ist der Verantwortliche und aus unserer deutschsprachigen Gruppe wurden Martin Bauert und ich um Mitarbeit gebeten.
Der erste Schritt ist die Erfassung der Voraussetzungen in den Zoos, dafür erarbeitete Eddie einen Fragebogen, der den meisten von Euch bereits per mail zugegangen ist. Die Vermutung liegt nahe, dass fast alle Zoos die Möglichkeit haben auch für den Artenschutz der Pflanzen etwas zu tun, die wenigsten dies aber tatsächlich machen. Meine Vorstellung ist, dass die neue Gruppe für unsere Mitglieder Vorschläge und Artenlisten zusammenstellt, damit jeder ZooGrüne seinen Möglichkeiten entsprechend etwas tun kann. So leisten auch wir Grünen unseren Beitrag zum Arten- und Naturschutz, was sich die Zoos ja nun mal auf die Fahnen geschrieben haben.
Über ein sehr interessantes Projekt berichtete bereits vor 2 Jahren der Budapester Kollege: sie versuchten mit mehr oder weniger Erfolg auf einem Gründach vom Aussterben bedrohte Arten anzusiedeln.

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Der dritte Tag brachte uns Themen wie „Bewässerung und Düngung in überdachten Landschaften“, was insbesondere für die Kollegen, die in ihren Zoos große Glashäuser mit zu versorgen haben, interessant war.
Aber auch ein Resümee der Züricher Kollegen über die Erfahrungen mit dem vor 5 Jahren in der Masoala-Halle eingebauten Substrat war hochinteressant.

Der absolute Höhepunkt war für mich allerdings der Vortrag von Hilly Molenberg aus Emmen, in dem sie über die neue Wasserfabrik ihres Zoos berichtete.

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Der Emmener Zoo befindet sich z.Zt. mitten in der Stadt und hat dort keine Erweiterungsmöglichkeit. Darum kaufte man ein neues Grundstück außerhalb, wohin der Zoo nach und nach umziehen wird. Dieses Gelände liegt aber in einem Grundwasserschutzgebiet, so dass besonders strenge Bedingungen einzuhalten sind. Das Abwasser des Zoo wird nun in einem vollkommen geschlossenen Kreislauf in der Wasserfabrik gereinigt, so dass es sich wieder als Brauchwasser eignet. Dabei wird in einem beschleunigten Prozess mit Hilfe von Algen, Bakterien und Pflanzen die natürliche Wirkungsweise von Teichen, Mooren und Flüssen nachgeahmt.

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Das gereinigte Brauchwasser wird dann für die Toiletten, für die Reinigung von Gebäuden und Gehegen aber auch zum Befüllen der vielen Wasserbecken genutzt.
Aus den Trinkwasserleitungen wird tatsächlich nur noch Trinkwasser entnommen. Das bedeutet eine nachhaltige Wasserwirtschaft, keine Verschwendung von Trinkwasser und eine minimale Umweltbelastung. Die Kraft der Natur wurde mit der Erfindungsgabe des Menschen verbunden.
Der Wasserverbrauch des Emmener Zoos hat sich durch die Wasserfabrik von 180.000 auf 30.000 m³ verringert und die Wasserqualität in den Becken und Teichen hat sich erheblich verbessert.

Nach der Vorstellung der einzelnen Zoo-Grün- Landesgruppen war noch eine Führung durch den Botanischen Garten Zürich vorgesehen. Auch diese war sehr interessant, es ist eine wunderschön gestaltete Anlage.
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Beeindruckend vor allem die kugelförmigen Gewächshäuser. Aber es gab auch einige interessante Tipps und Beschilderungen, so dass man mit vielen neuen Ideen nach Hause fahren konnte.

Insgesamt war es eine hochinteressante Tagung, die sehr ruhig und geordnet ablief, obgleich sie mit einer Vielzahl informativer Vorträge und Exkursionen angefüllt war.
Ein großes Dankeschön an Martin Bauert, der die ganze Tagung so professionell organisiert hat.

Kristin Jacobi, 22.6.2007