Tiergarten Nürnberg
– Buntmardergehege –

Das Buntmardergehege im Nürnberger Tiergarten liegt im Bereich des ehemaligen Luchsgeheges und nutzt weiterhin dessen Stallgebäude und eines der beiden überdachten Außengehege. Hauptelement des neuen Buntmardergeheges ist jedoch eine nach oben offene Freifläche von 720 m². Das Gehege ist damit das weltweit größte für diese Tierart.

Eine mächtige Eiche mit einem Stammumfang von über drei Metern und hohe Kiefern konnten in die Anlage integriert werden. Auch die Märzenbecherwiese, die sich im Frühjahr wie ein weißer Teppich ausbreitet, ist nun Bestandteil der Anlage. Vielfältige Strukturen bestimmen das Gehege. Ein Teich mit 100 m² Wasserfläche bildet das zentrale Element und bietet dem Buntmarder, der aus den sibirischen Gebirgswäldern stammt, die Möglichkeit zum Schwimmen und Tauchen. Über Pumpen werden zwei Bachläufe gespeist, wobei der eine außerhalb des Geheges im Besucherbereich entspringt und von dort in das Gehege fließt.

Die Einfriedung läuft durch den Teich. Unter Wasser sind Betonmauerscheiben eingebaut, auf die Glasscheiben mit 90 cm Höhe aufgesetzt wurden. Im Sommer können die Marder zwar bis zur Grenze schwimmen, haben aber dort keine Kante, um sich abzustützen und die Scheiben zu überwinden. Im Winter, wenn das Wasser abgelassen wird, bilden die 1,50 m hohen Mauerscheiben zusammen mit den Glaselementen, die ebenfalls auf 1,50 m erhöht werden können, eine 3 m hohe Barriere, die der Buntmarder nicht überwinden kann.
Zum Schutz der Teichfolie wurde auf diese eine 10 cm starke Betonschicht aufgebracht. Um im Winterhalbjahr bei abgelassenem Wasser dem Besucher keine unnatürliche Betonfläche zu zeigen, wurde in den noch feuchten Beton eine Schüttung aus Sandsteinbruch eingedrückt, der nun eine „natürliche“ Teichböschung bildet. Bermen im Uferbereich machen es auf der Gehegeseite möglich, auch im Winter in zwei Teilflächen das Wasser zu belassen und dort Wasser- und Sumpfpflanzen dauerhaft zu halten. Auf der Besucherseite steht das Wasser ebenso ganzjährig im Teich.

Die Bachläufe sind aus Sandsteinplatten und –blöcken gebaut. Dem stärkeren Bachlauf im Gehege wurde ein von außen unsichtbares Tosbecken vorgeschaltet, um das Wasser beruhigt in den Teich laufen zu lassen. Ebenso wie die Schüttung im Teich und das Material der Bachläufe wurde für die übrige Gestaltung ein frostsicherer Mainsandstein verwendet, der optisch dem anstehenden und den Tiergarten prägenden Burgsandstein entspricht.

Das Gehege selbst ist angereichert mit vielfältigen Strukturen, die dem breiten Verhaltensspektrum der Tiere Rechnung tragen: abgestorbene Bäume, stehend oder liegend, hohle Baumstämme und Wurzelteller geben den Tieren Entscheidungsmöglichkeiten zwischen versteckten und offenen Lagen, zwischen Sonne und Schatten.

Eine besondere Herausforderung war die Einfriedung des Geheges. Die Sprungleistung des Marders machte einen Zaun von 3 m Höhe erforderlich, der mit einem 2 mm dünnen Casanet-Geflecht mit einer Maschenweite von 50 x 25 mm bespannt wurde. Als Überkletterschutz entwickelte der Tiergarten in Versuchen mit dem Marder eine Form, die in etwa den Abweisern bei den Raubkatzen entspricht. 6 mm starke Rundeisen wurden halbkreisförmig im Durchmesser von 40 cm gebogen und im Abstand von 30 mm oberhalb des Geflechtes aufgeschweißt. Bei einer Zaunlänge von rd. 90 m ergaben sich somit knapp 3.000 einzelne Rundstabbögen. Ergänzt wird die Einfriedung durch Elektrozäune.
Auch die Bestandsbäume wurden in großer Höhe mit Abweisern versehen, um die Marder daran zu hindern, über die Baumkronen in den übrigen Tiergartenbereich zu gelangen.
Die Besucher haben ganz verschiedene Einblicke in das Gehege. An drei zentralen Punkten ergeben sich differenzierte Bilder der Landschaft: Im Bereich des Teiches gibt es von einem Holzdeck mit Glasbrüstung den Blick auf Quelle und Bachlauf. Besonders für Kinder interessant ist der „Hochantritt“. Auf 2 m Höhe können hier Erwachsene und Kinder von unterschiedlichen Podesten aus dem Buntmarder in Augenhöhe gegenüberstehen, wenn dieser auf den dicken Ast der Eiche klettert. Im Westen der Anlage gibt der „Waldantritt“ als geschützter und überdachter Bereich den Blick frei auf den Bodenbereich und die ganze Länge der Anlage. Eine 4 m² große Glasscheibe gleicht einem Bilderrahmen. Tisch und Bank ergänzen die Situation und werden von den Besuchern gern genutzt.

Das Konzept der Anlage, das vom Zoodesigner Martin Schuchert stammt, sieht eine möglichst große Einbeziehung der Besucher in den Lebensraum der Tiere vor. Der notwendige Zaun ist möglichst transparent, Gestaltungselemente und Gehegestrukturen wie Sandsteinblöcke, Wurzelstöcke und Totholzbereiche gibt es sowohl innen als auch außen. Durch die Einfriedung im Teichbereich ist die Wasserfläche auch auf der Besucherseite zu finden. Dort entspringt auch der kleinere der beiden Bachläufe und fließt in Form einer flachen Furt quer über den Weg. Ein interessanter Spielbereich für Kinder und Abkühlung für die Füße mancher Erwachsenen. Die Wege sind als wassergebundenen Beläge bzw. aus Holzhackschnitzeln gebaut. Befahrbare Wege haben zudem eine „Tragschicht“ aus Kunststoffgitterplatten. Robinienstämme bilden die Stufen zum Hochantritt. Die Ausführungsplanung der Anlage und die Umsetzung vor Ort übernahm der Zirndorfer Landschaftsarchitekt Urban Führes.

Die Bepflanzung wurde von Paul Stiller, Abteilungsleiter Landschaftsgestaltung des Tiergartens geplant und mit seiner Gruppe umgesetzt. Die Auswahl berücksichtigt sowohl Elemente der sibirischen Herkunft des Buntmarders wie Birken (Betula utilis ‚Doorenbos’ und Betula nana), Gräser und Farne als auch die heimischen Gehölze des angrenzenden Waldbestandes wie Schlehe, Hartriegel, Liguster und Hainbuche. Im unmittelbaren Besucherbereich finden auch blühende Stauden (Hemerocallis) und Gehölze (Felsenbirne, Schneeball) Verwendung. Ergänzt wird die Pflanzenauswahl mit heimischen Wildstauden, Sumpf- und Wasserpflanzen.
Nürnberg, den 21.7.2008